Im Kontext des Internationalen Tages gegen Gewalt gegen Frauen* fand auch unsere Panel-Diskussion zur Istanbul-Konvention statt. Die Istanbul-Konvention ist ein seit 2018 geltender Menschenrechtsvertrag des Europarats zur Verhinderung und Verhütung misogyner Gewalt gegen Frauen*, Mädchen und FLINTA Personen sowie von häuslicher Gewalt, den es auch in Deutschland zu erfüllen gilt (ab 1.2.24 uneingeschränkt). Doch genau hier liegt das Problem: Obwohl die Prävention von jeglicher Gewalt gegen Frauen* und FLINTA Personen de facto geltendes Recht ist und insbesondere durch die Arbeit feministischer Projekte und Zentren umgesetzt wird, hinken Politik und Gesellschaft in ihrem Engagement komplett hinterher!
Ein Beispiel u.a. aus unserer Projektarbeit: Politische und institutionelle Strukturen versagen, indem der Schutz von gewaltbetroffene Frauen*/FLINTA nicht gegenüber der Täter*innenarbeit priorisiert wird oder Mütter* und ihren Kindern der Umgang mit gewalttätigen (Ex-)Partner*innen und Vätern* gerichtlich aufgezwungen wird. Dies gilt insbesondere für migrantische, geflüchtete und alleinerziehende Frauen und FLINTA*. Es fehlt auch an gesellschaftlichem Verantwortungsgefühl misogyne Gewalt als strukturelles Problem zu begreifen und entsprechend zu stigmatisieren und sanktionieren. Neben der institutionellen, körperlichen und sexualisierten Gewalt wurden auch die vielen weiteren Formen von misogyner Gewalt im Gespräch sichtbar gemacht, wie z.B. ökonomische, staatliche, rassistische, queer- u. transfeindliche, kapitalistische und ableistische Gewalt - über allem die allgegenwärtige Gewalt des Patriarchats schwebend (Patriarchat ist in der Istanbul Konvention übrigens mit keinem Wort erwähnt). Je marginalisierter Frauen*/FLINTA sind, desto mehr Gewalt erfahren sie also! Bei Frauenkreise und Space2groW erleben wir diese Gewalt insbesondere gegen migrantische, geflüchtete und rassifizierte Frauen* und FLINTA Personen. Um die Istanbul-Konvention als geltendes Recht umsetzen zu können, braucht es unbedingt auch eine gesicherte und ausreichende Finanzierung der feministischen Projektarbeit! Vielen Dank an unsere Panel-Teilnehmerinnen Bahar Haghanipour (Vizepräsidentin Abgeordnetenhaus, Sprecherin für Gleichstellung und Frauen, Die Grünen), Saraya Gomis (Co-Gründerin EOTO/Each One Teach One e.V., ehem. Staatssekretärin für Antidiskriminierung u. Justiz) und Cintia Ferreira (Projektleitung von Space2groW) für die spannende Diskussion und kritische Auseinandersetzung, die auch Raum für Fragen und Anregungen aus dem Publikum ließ.
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