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Der Internationale feministische Kampftag und intersektionale Solidarität

Der Internationale feministische Kampftag am 8. März ist mehr als nur ein historischer Meilenstein: Er ist ein lebendiges Symbol der jahrhundertelangen und fortwährenden Kämpfe und Errungenschaften feministischer Bewegungen und von FLINTA* weltweit.

Doch wie sehr geht es noch um den eigentlichen Gedanken einer inklusiven feministischen Solidarität ?


Ursprünglich inspiriert durch Clara Zetkin, die 1910 die Einführung eines "internationalen Frauentags" vorschlug, um für die Rechte aller Frauen* und insbesondere für das Frauen*wahlrecht zu kämpfen, hat dieser Tag seinen Wirkungskreis im Laufe der Jahre erweitert.

Immer notwendig dabei ist jedoch eine inklusive, intersektionale Perspektive, die bei allen feministischen Kämpfen eingenommen werden muss, um Gerechtigkeit für alle FLINTA* überall fordern zu können. Unterschiedliche Diskriminierungsformen wie Rassismen, Kolonialismus, Klassismus, Ableismus, Queer- und Transfeindlichkeit uvm. müssen bei der Bekämpfung von geschlechtsspezifischer Unterdrückung also immer mitgedacht werden. Auch Clara Zetkin selbst verstand den Kampf für Frauen*rechte nicht isoliert, sondern als Teil einer größeren sozialen und internationalistischen Revolution, die alle Formen von Unterdrückung von Frauen* adressiert.


Gerade diese Perspektive vermissen wir in der deutschen feministischen Landschaft aktuell schmerzlich, wenn es - neben der tief empfundenen Solidarität mit israelischen Opfern des Terrorangriffs am 7. Oktober nahe Gaza - um die Frage derselben Solidarität mit den Menschen in Gaza geht, die seit Monaten konstant bombardiert, ausgehungert, entrechtet, vertrieben und ermordet werden. Dies betrifft vor allem Frauen* und Kinder bzw. Minderjährige, die 70 Prozent der mittlerweile rund 30.000 getöteten Menschen in Gaza ausmachen und damit die größte vulnerable Gruppe sind.

Die fehlenden Stimmen und Anklagen zur Situation in Gaza zeigen ein klares Bild von anti-arabischem und anti-muslimischen Rassismus, da für den Schutz palästinensischen Lebens nicht dieselben Standards an humanitärem Menschenrecht angesetzt werden wie bei anderen Kriegsgeschehen. Das Wegschauen, das Ignorieren von menschlichem Leid und das kollektive Schweigen sind Ausdruck rassistischer Gewalt.


Sich nur dann engagiert feministisch zu zeigen, wenn es gesellschaftlich und politisch nicht weiter aneckt, wenn es längst eine etablierte Mehrheit für die eigenen Kämpfe gibt und keine Einbußen eigener Privilegien zu befürchten sind, ist nichts weiter als eine bloße Performance, ein feministisch-solidarisches Cossplay.



Um eine echte feministische Solidarität zum Ausdruck zu bringen, dürfen wir uns nicht nur auf die Sichtbarkeit, Rechte und Würde von FLINTA* konzentrieren, mit denen wir uns selbst identifizieren und die unsere Lebensrealitäten teilen. Ganz im Gegenteil: Wir müssen eigene Privilegien vor allem für marginalisierte FLINTA* und Gemeinschaften mobilisieren, diejenigen, die auf politischer und gesellschaftlicher Ebene gesilenced, unterdrückt, ausgebeutet, ermordet und strukturell diskriminiert werden. Ein inklusiver feministischer Kampf bedeutet, sich nicht nur laut gegen das Patriarchat aufzulehnen, sondern insbesondere auch gegen dessen machtvolle systemische Verbindung mit weißer Vorherrschaft und Kapitalismus, die weltweit zur Unterdrückung, Gewalt und Mord von FLINTA* führen.


Diese Anlayse lässt sich unabhängig von der Situation in Gaza auch global übertragen: Unser aller Leben ist in wirtschaftlicher, ökologischer, sozialer und politischer Weise zutiefst ineinander verzahnt. Wir leben nach wie vor in einer patriarchal, kapitalistisch und kolonial strukturierten Welt, die Menschen, Völker und Länder entmenschlicht, entrechtet und ausbeutet. FLINTA* und Kinder leiden unter diesen Zuständen besonders, da gegen sie gleichzeitig patriarchale und adultistische Gewalt wirkt und weil sie die Verkörperung und die Symbole der Reproduktion der Unterdrückten und Entrechteten sind und als solche angegriffen werden. Von diesem System zehren Menschen im Globalen Norden am meisten, insbesondere weiße, christliche, heteronormative, able-bodied Cis-Männer.


Aber auch FLINTA* können, unabhängig der eigenen Privilegierungs- und Diskriminierungskriterien, von diesem System profitieren und es weiter stützen, wenn sie die eigene Machtpositionen und Privilegien nicht nutzen, um für andere marginalisierte FLINTA* und Menschen zu kämpfen und sich mit ihnen zu solidarisieren. Das Ergebnis ist ein Feminismus, der zur Komplizin im System des Patriarchats und der Unterdrückung wird, mit all seinen Kriegen, Besatzungen, Gefangenenlager und mörderischen Grenzen.


Am Internationalen Feministischen Kampftag und darüber hinaus fordern wir daher eine authentische intersektionale feministische Solidarität, die im globalen Kontext immer auch die Machtfrage berücksichtigt und eigene Privilegien für den Kampf der Unterdrückung anderer Menschen, und vor allem FLINTA* weltweit, einsetzt!

Decolonize your Feminism!

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