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Schüsse auf Geflüchtete bei Seenotrettung: Der Rassismus an den EU-Außengrenzen tötet

2. März 2024 - Tatort Mittelmeer

 

Die Organisation SOS Humanity übte scharfe Kritik an der libyschen Küstenwache:



SOS Humanity wird Zeugin der Entführung von Geflüchteten aus internationalen Gewässern durch die sogenannte libysche Küstenwache, obwohl das Schiff Humanity 1 in Reichweite ist. Die libysche Besatzung droht der humanity 1 auf die Besatzung zu schießen. Das Boot der Küstenwache vom Typ Corrubia wurde im Sommer 2023 von Italien nach Libyen geliefert.

 

Wenige Stunden später beginnt humanity 1 Rettungsaktionen für mehrere Boote und wird dabei von dem selben libyschen Boot durch gefährliche Störmanöver in ihrer Rettungsaktion behindert. Die libysche Besatzung schießt dabei auf Geflüchtete im Wasser.

 

Mindestens eine Person ertrinkt nachweislich, wie das Flugzeug Seabird von Seawatch aus der Luft beobachten muss. Viele werden illegal zurück nach Libyen gebracht. Nach eigenen Angaben rettet die Organisaion SOS Humanity 77 Menschenleben, darunter auch Minderjährige.

 

Der Massenmord der EU und der europäischen Regierungen an Flüchtenden an den Außengrenzen der EU und im Mittelmeer hat mittlerweile seit 1990 mehr als 50.000 Menschen getötet - darunter zahlreiche Frauen* und Kinder, Schwangere, Babys, queere Personen, Behinderte Personen und allesamt Menschen, die ein Leben in Würde und ein Leben mit einer Perspektive für Bildung, Gesundheit, Selbstbestimmung und Chancengleichheit wollten und verfolgten.

 

Viele wissen nicht, dass die kanarischen Inseln im Atlantik westlich von Sénégal und die komorische Insel Mayotte bei Madagaskar als Europäisches (koloniales) Territorium von Spanien und Frankreich gelten.

Tausende verlieren jährlich ihre Leben bei dem Versuch, es im Boot von den Komoren nach Mayotte und von Sénégal oder Gambia zu den Kanaren zu schaffen. Auch da verlaufen die Außengrenzen der EU.

 

Der Klimawandel verursacht extreme Wetterverhältnisse, ausbleibenden Regen, Ver-Wüstung, im wahrsten Sinne des Wortes, oder Überschwemmungen von nie da gewesenem Ausmaß.

Diejenigen, die am allerwenigsten zu diesem Klimawandel beitragen, sind die, die am meisten durch seine Folgen leiden und davon betroffen sind.

Ausbleibende Ernten, zerstörte Ernten, zerstörte Dörfer und Felder durch Überschwemmungen und Erosionen zwingen Menschen ihre Heimat zu verlassen und woanders komplett von vorne anzufangen, oft als Geflüchtete in provisorischen Zeltlagern, wo insbesondere Frauen* und Kinder Gewalt und Missbrauch ausgeliefert sind und wo miserable Gesundheits- und Hygienebedingungen zu Krankheit und Tod führen.

Dort, wo skrupellose multinationale Konzerne an Rohstoffe kommen wollen, werden Dörfer vernichtet, vertrieben, verlegt und die komplette lokale Struktur vernichtet. Giftige und verseuchte Abwasser von Minen und Förderanlagen und von der chemischen Bearbeitung von Mineralien werden ohne Filter und ohne Berücksichtigung irgendwelcher Mindeststandards in Gewässer und auf umliegendes Land geleitet.

In den kommenden Jahrzehnten werden bis zu 2 Mrd Klima-bedingte Flüchtende erwartet.

 

Wie denkt die EU dann damit umzugehen? Wird dann an den Außengrenzen direkt geschossen? Wird Frontex dann zur Armee der Festung Europa weiter hoch gerüstet?

 

Ein Lieferkettengesetz, welches stärkere Standards für gerechte und sichere Produktionsverhältnisse entlang der gesamten Produktionen etabliert hätte, ist an Deutschlands Ablehnung auf EU-Ebene gerade erst gescheitert.

 

Es muss allen bewusst sein, dass die Beteiligung und Komplizenschaft in diesem Massenmord nicht nur die deutsche Regierung betrifft.

Wir kennen die Bilder, wir wissen, was passiert. Wir haben den Zugang zu allen diesen Informationen - und trotzdem ist es nur ein geringer Anteil der Zivilgesellschaft, welche gegen diese Verhältnisse und die Beteiligung daran protestieren und politisch dagegen eintreten - bisher ohne Erfolg.

 

Die alltägliche, entpersonalisierte, systematische koloniale Ausbeutung, Vernichtung und Unterdrückung von Mensch und Ökosystem im sogenannten globalen Süden - insbesondere aber nicht nur auf dem afrikanischen Kontinent - durch die europäischen Volkswirtschaften mit ihrem unersättlichen Hunger nach Konsum, nach mehr-mehr-mehr, ist nicht besser als jedes andere mehr oder weniger koloniale System heute oder in der Geschichte. Im Gegenteil. Es hat ein Ausmaß, das schwindelerregend ist und gar nicht überwindbar erscheint.

 

Die sogenannte GEAS Reform ist der x-te Nagel im Sarg des Asylsystems. Dieses Asylsystem war eine der großen Errungenschaften aus den Lehren des Nazi-Terrors und der Shoah.

Obwohl auf dem Papier (de jure) weiterhin der Einzelfall beurteilt werden muss, ist die Regelung der sofortigen und kurzfristigen Einschätzung der Asylchancen an den Außengrenzen die (de facto) Beendigung des individuellen Rechts auf Asyl.

 

Die EU betrügt sich mit der Rede von Menschenrechten, Demokratie und Selbstbestimmung selbst, denn diese Privilegien gelten eben nicht universell und demontieren sich durch rassistische, antifeministische und imperiale Strukturen selbst.

 

Als Feminist*innen in Deutschland und in der EU müssen wir sehen, anerkennen und ohne müde zu werden benennen, dass dieser Massenmord, der von hier ausgeht, natürlich zuallererst immer auch Frauen* und Kinder, Mütter, Schwangere und überhaupt vulnerable Personen und Gruppen trifft.

Unsere dekoloniale und intersektionale feministische Agenda muss zuallererst sichtbar machen, dass Feminismus alle FLINTA* und alle Menschen überall meint, denn Feminismus ist am Ende die Befreiung aus und die Überwindung von patriarchaler Gewalt und die zeigt sich ganz besonders im kolonialen rassistischen kapitalistischen System und in der militaristischen und imperialen Hegemonie, die der sogenannte Westen und ganz vorne mit dabei Deutschland mit wehenden Fahnen propagiert.

 

Die koloniale Alltäglichkeit der EU zeigt sich im Mittelmeer. Der Massenmord nimmt seinen Lauf. Die sogenannte zivile Seenotrettung erhält seit neuestem Förderung des Bundes, was aber die Regierung nicht aus der Verantwortung entlässt. Die Seelen der Ertrunkenen, Erfrorenen, Verdursteten und Gefolterten lasten dennoch auf dem Gewissen der deutschen Regierungen und auf unser aller Gewissen.

Annalena Baerbock (Außenministerin) und Svenja Schultz (Entwicklungsministerin) haben feministische Aussen- und Entwicklungspolitik deklariert. Das ist ein krasser Etikettenschwindel bzw. ein absoluter Betrug.

Diese Politik ist nicht nur nicht feministisch - sie ist durch und durch rassistisch und antifeministisch!

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