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#FeminismWhileShutdown. Eure Texte zum Alltag in der Pandemie


Während unsere Reihe #FeminismWhileSutdown in eine neue Runde geht, möchten wir einige Texte aus der letzten Lesung mit euch teilen. Viel Spaß beim Lesen!

 

I look at the picture pretending to write a political poetic story. I don't have enough inspiration or words which is the same. I look at my little one who was sick that day. Husband and little girl's father looks at us behind the screen and presses the button. I always want him to take several photos of us because we want to look pretty. Contemporary vanity. He resists my orders. His punk spirit still inhabits him. What is beauty, I wonder. Which social mandates are imposed on us, I think. The fault is not yours, it is the patriarchy, I read. I love to blame structures for all our human miseries that are endless. Lack of individual responsibility, you might think. Quite the contrary, I take charge of my history and from the place where I speak. The story has taken another direction. To go back to the picture, I just have to look at her old-soul gaze and the stick that she holds firmly. I hear the voice of husband who invites us to continue walking. And I accept that beauty is in the eyes of the beholder, I accept that looking at me kindly is a decision. And I choose to continue writing even without inspiration.


Thais Vera Utrilla

 

CN Sexualisierte Gewalt


Der Moment

wenn du merkst, dass du dich schämst.

dass du dich dreckig fühlst.

dass du denkst es wäre irgendwie auch deine schuld.

Du hättest etwas anders machen müssen.

Nicht kiffen. Nicht trinken. Nicht mitgehen.

Das ist der Moment

In dem du das erste Mal wirklich weißt,

was es bedeutet Frau zu sein


Ireth Seregon

 

Zähne putzen. Ich liebe Zähne putzen.

Nein.

Ich liebe das Gefühl, geputzte Zähne zu haben. Irgendwann habe ich mir angewöhnt, meine Zähne nach einem Muster zu putzen.

Ich zähle immer bis 8. 8 Bürstenstriche.

Rechts oben Backenzähne kaufläche rechts unten Backenzähne kaufläche links oben Backenzähne kaufläche links unten Backenzähne kaufläche Rechts oben Backenzähne außen rechts unten Backenzähne außen links oben Backenzähne außen links unten Backenzähne außen rechts oben Backenzähne innen rechts unten Backenzähne innen links oben Backenzähne innen links unten Backenzähne innen vorne oben Schneidezähne innen vorne unten Schneidezähne innen vorne oben Schneidezähne außen vorne unten Schneidezähne außen.

Ausspucken.

Wasserhahn anmachen, den Mund mit Wasser ausspülen.

Gründlich.

Denn der durchgeputzte Schaum und alles was von den Zähnen geputzt wurde, soll ja weg.

Raus.

Ein herrliches Gefühl.

Das kalte Wasser im Mund.

Und noch ein letztes mal ausspülen.

…..

Und dann die Stimme meines Vaters von irgendwo. So wirst du nie einen Mann finden.

Wieso?

Wenn du solche Geräusche machst beim Mund ausspülen. Du klingst wie ein Bauarbeiter.

….

So ein Quatsch. Aber was war denn genau der Quatsch?

Dass ich NIE einen Mann finde?

Dass ICH nie einen Mann finde?

Dass ich nie EINEN MANN finde?

Dass ich mir den Mund ausspüle wie ein Bauarbeiter?

Dass ich klinge wie einer?

Wie klingen denn Bauarbeiter?

Vor allem beim Zähneputzen....

…..

Heute möchte ich die junge Nefeli von damals beschützen und dem patriarchalen Vater sagen, was ich von seinen Worten halte.

Da sind so viele Ebenen.

Ich wäre in diesem Moment nie auf die Idee gekommen, überhaupt grundsätzlich infrage zu stellen, dass es meine zentrale und natürliche Aufgabe sei, einen Mann zu finden.

Mit dieser Vorstellung wurde ich ziemlich sicher nicht in dem Moment erst konfrontiert.

Sie war offenbar bereits als diffuse Idee in meinem Kopf.

Zu einem Zeitpunkt, als ich mich noch für Kindsein interessierte.

Aber ich kann ziemlich sicher sagen, dass sie in diesem Moment für mich eine konkrete Relevanz, etwas handfestes, etwas persönliches bekam.

Etwas, was auf einmal mit mir selbst zu tun hatte.

Und in diesem Moment des Zähne putzens wurde eine Weiche gestellt.

Ich würde nie genug sein. Für niemanden.

Ich liebe das Gefühl, geputzte Zähne zu haben. Aber Zähne putzen kostet mich heute und bis heute eine Überwindung, die ich nie verstand.


Nefeli Asteris

 

Clownin in Corona Zeiten


Biographische Brüche.


Da ich auch in CoronaZeiten noch nicht genau weiß, was Intersektionale feministische Meilensteine & Brüche in unseren Biographien sind, und es nicht geschafft habe in kürzester Zeit mir ein neues Vokabular in der Richtung zu erarbeiten, bleibt mir weiterhin die Arbeitswelt mit einem geordneten Schreibtisch und Homeoffice und die Möglichkeit “normal” zu arbeiten verschlossen.


Also Clownin ja habe ich eine Clownswebseite mit eingerichtet, Anträge gestellt und abgelehnt worden und angefangen ein Buch zu schreiben… was an Weihnachten von einem Freund als nicht literaturfähig bezeichnet wurde und mir den Schwung genommen hat weiterzuschreiben. Warum? Weil der Freund das gesagt hat? Warum verdammt nochmal lasse ich mich ausbremsen? Warum wäre ich im letzten Jahr manchmal fast aus dem Fenster gesprungen, weil ich nicht mehr kiloweise Esswaren Nachhause schleppen wollte für zwei Jugendliche Homeschoolerinnen? Warum konnte ich mich nicht wirklich freuen, als ich den Bericht 3 Monate später bekam, dass ich die Spanisch B2 Prüfung bestanden habe? Ja ich könnte jetzt sagen, dass der spanische Master gecanceled wurde und ich mit ach und Krach einen Studienplatz im englischen Master für das Studium von interkulturellen Konflikten bekommen habe,… nur wo ist die Freude hin? Wie wertschätze oder nicht wertschätze ich meine eigenen Erfolge?


Ich habe mich manchmal wie in den 50er Jahren gefühlt in dem letzten Jahr, einerseits privilegiert , Harzt 4 seit 3 Jahren entronnen zu sein, dank der Bekanntschaft und Heirat mit meinem Mann und andererseits, totgelangweilt, auf einen Haushalt, den ich sowieso nicht wirklich leidenschaftlich führe, durch die Künsterlinnenunmöglichkeit aufzutreten, reduziert worden zu sein. Zu Tode gelangweilt bis zu aufkommenden Todeswünschen, die man natürlich nicht nennen ,geschweige denn ausleben würde. Dazu ist Frau ja viel zu verantwortungsvoll gegenüber den eigenen Kindern, Mann, Freunden…Natürlich bringt sich eine Clownin nicht um, Sie macht ja gerne Späße….. nur wenn der Humor plötzlich abhanden kommt? Auch eine Clownin kann irgendwann nicht mehr, wenn sie nur 20 Minutenauftritte online hat, einmal im Monat, und sich einfach wertlos fühlt.


Ja ich fange an zu studieren, ja ich bin in der Initiative Parkcafé aktiv und bringe mindestens 70 Leute online in Schwingung, ja natürlich kann ich nicht stillsitzen……. Nur ich fühle mich zerrissen. Fühle den Druck, der diese Coronamaßnahmen mit Familien machen, halte zuhause schlecht gelaunte 13 jährige aus, und eine junge Abiturfrau, die keine Lust mehr auf online hat. Bin neidisch auf den Arbeitsplatz meines Mannes, den er als Leiter immer besucht, da jemand ja die Stellung halten muss und ich halte meine ungeliebte Stellung Zuhause und habe als einzige Möglichkeit, Flucht. Flucht in den Garten, Flucht ins Probehaus mit Kleinproben, Flucht vor meinen Launen in den Park, Flucht in die freie Luft und wünsche mir, Freiheit, die Freiheit wieder zu reisen, die Freiheit aufzutreten, die Bereitschaft aller, dieses blöde Virus einzudämmen in Eigenverantwortung und dafür wieder frei atmen zu können.


Hätte ich mich damals den patriarchalischen Theaterregeln und antiquierten Hierarchiesystemen der Schauspielhäuser unseres Theatersystems untergeordnet, hätte ich zumindest einen Job und wäre jetzt mein Selbstverständnis als Künstlerin nicht so in Mitleidenschaft gezogen.

Sei mal ehrlich zu Dir, hättest Du nicht gekonnt, da du dir schon damals nicht an den Arsch hast fassen lassen ohne guten theatralischen Grund mit 23 und so auch nie zu me too geworden bist, weil du schon damals dagegen rebelliert hast und... entlassen, nein teilentlassen wurdest an den Ruhrfestspielen 1995, Aber das ist wirklich eine andere Geschichte und würde jetzt zu lange dauern.

Ich wollte letztes Jahr als Kleinkünstlerin durchstarten, hatte ein neues Programm 2019 erfolgreich raus gebracht, sollte 2020 an Theaterbörsen gezeigt werden…


Ich selber weiß nicht mehr, was mir eigentlich wichtig ist. Ich bin aufgewühlt, der Ärger über die Situation ist noch nicht verflogen sondern poppt hier und da wieder auf… und trotzdem, so viel Zusammenhalt und Solidarität auch unter Theaterleuten habe ich noch nie erlebt, die Gesellschaft die sich Künstlerinnen gegenüber öffnet, obwohl wir nicht systemrelevant sind, weil so viele anderen auch nicht systemrelevant sind.


Doch es gibt Hoffnung und ich werde als Clownin in Zukunft nie mehr meine Kinder als farbig bezeichnen sondern habe dazugelernt, wenn auch schmerzlich, da ich dadurch nicht mal zu einem Vorstellungsgespräch für einen normalen Bürotisch eingeladen wurde, Schwarz werde ich in Zukunft sagen, auch wenn ich es idiotisch finde, da sich meine Kinder weder so fühlen noch sich als Schwarz bezeichnen würden.

Die Lernkurve im letzten Jahr war und ist sehr hoch. Wer schafft es sonst in 8 Monaten eine B2 Prüfung in Spanisch sich zu erarbeiten angefangen bei a1.3? Ja wenn ich es nicht hören kann von anderen, dass das eine Leistung war, sollte ich lernen, mir selber meine Erfolge vor Augen zu führen……



Barbara Duss


 

Bis zum 17. Mai könnt ihr eure Texte unter drakos@frauenkreise-berlin.de einreichen.


















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